David Zeisberger |
Aus dem Kuhländchen, aus Zäuchthal (Suchdol) im Mährischen Gesenke, seit alters her der Verbindungsweg zwischen Böhmen und Polen, stammt eine der schillerndsten Gestalten der amerikanischen Unabhängigkeitsgeschichte. Hier wurde David Zeisberger am 11. April 1721 geboren.
Seine Eltern, David und Rosina Zeisberger, waren treue Mitglieder der Brüdergemeine (Jednota Bratská). Die Brüdergemeine war in Mähren besonders stark, doch nach der Schlacht am Weißen Berg litt sie zunehmend. Viele mußten wegen ihres Glaubens das Land verlassen. Dieses Schicksal ereilte nicht nur den Brüderbischof Comenius, sondern auch Zeisbergers Eltern verließen zusammen mit ihren Kindern, unter ihnen der fünfjährige David, ihre Heimat. Sie fanden Zuflucht in der Lausitz auf den Ländereien des Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, einem glühenden Anhänger der pietistischen Bewegung, wo sie zusammen mit anderen Exulanten aus Böhmen und Mähren die Siedlung Herrnhut begründeten.
Die 1722 von Graf Zinzendorf und den Exulanten erneuerte Brüderunität zeichnete durch im Bereich des deutschen Protestantismus durch besondere Anstrengungen auf dem Gebiet der Mission aus. Nachdem Graf Zinzendorf in der britischen Kolonie Georgia Land gekauft hatte, waren die Eltern von David unter den ersten zwanzig Brüdern, die zehn Jahre nach ihrer Ankunft in Hermhut nun in die neue Welt zogen. David blieb zurück. Er musste erst seine Schulzeit beenden. Bereits beim Lateinstudium trat eine der großen Begabungen des jungen Mannes zu Tage: seine hervorragenden Sprachkenntnisse. Als David fünfzehn Jahre alt war, wurde er in die holländische Filiale der Hernhuter versetzt, kurz darauf bezahlte man ihm eine Schiffspassage nach Georgia.
Damit beginnt seine 60-jährige Missionszeit unter den Indianern Nordamerikas. Es ist aber auch eine 60 Jahre andauernde Auseinandersetzung mit staatlicher Gewalt. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit am Delawarefluss wird er von den Spaniern aus Florida bedroht. 1744 lernt er in der neuen Siedlung der Brüdergemeinde in Bethlehem die Indianersprache und im nächsten Jahr begibt er sich zu den Mohawk-Indianern am Hudson. Dabei wird er in Albany von den Engländern als französischer Spion für zwei Monate ins Gefängnis geworfen. Daraufhin wird er in der Hauptstadt der Onodaga-Indianer unter dem Namen Ganousseracheri aufgenommen. Am Vorabend der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung kommt es im Ohio-Gebiet immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen weißen Siedlern und den von der Ostküste vertriebenen Indianerstämmen, in die auch die Missionsstationen geraten. Während des Unabhängigkeitskrieges stehen viele Indianerstämme auf Seiten der Briten.
In den Missionsstationen werden die Indianer im Sinne der Brüdergemeinde christlich erzogen. Es darf kein Alkohol getrunken werden und wenigstens am Wochenende soll man sich festlich kleiden. Andererseits bevorzugt auch Zeisberger eine praktische Kleidung, so daß er für einen Indianer gehalten wurde.
Zeisberger hat ein umfangreiches Werk hinterlassen. Am bedeutendsten sind seine Sprachstudien. So verfaßte er ein viersprachiges englisch-deutsches Wörterbuch für die Indianersprachen Onondaga und Deleware sowie eine Grammatik verschiedener Indiandersprachen und übersetzte auf dieser Grundlage Teile des Neuen Testamentes. Wie die meisten Brüder hinterließ er umfangreiche Tagebücher, die bis heute viele Details über das Leben der Indianer und ihre Geschichte berichten.
Hochbetagt starb David Zeisberger am 17. November 1808 im Alter von über 87 Jahren.
Horst Schinzel